Beanspruchte Muskeln: Oberer Rücken, Bizeps, Unterarme
Schwierigkeit: Schwer
Kontraktionsform: Dynamisch
Benötigtes Equipment: Stange oder Balken über Kopfhöhe
Du willst ein menschliches V werden? Dann musst du Klimmzüge machen. Denn der gute alte Klimmzug, den schon unsere Grossväter auf dem Trimm-Dich-Pfad gemacht haben, gehört nach wie vor zu den besten Übungen für den Oberkörper und sorgt für verlässlichen Muskelaufbau. Darum sind Klimmzüge ein unverzichtbarer Bestandteil im Training all derer, die sich einen breiten Rücken wünschen. Allerdings ist ein Klimmzug schwer: Man braucht schon einiges an Kraft, um ihn sauber auszuführen.
Wie man auf Klimmzüge hintrainiert und wie die korrekte Form aussieht, erklären wir dir auf dieser Seite.
Mit Klimmzügen ist es wie mit Liegestützen: Wenn dir jemand erzählt, wie viele er schafft, solltest du erst einmal gaaaanz ruhig bleiben. Denn je höher die von ihm genannte Zahl, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass die Ausführung nicht viel mit der Übung aus dem Lehrbuch zu tun hat.
Tatsächlich bleiben zweistellige Wiederholungszahlen bei Klimmzügen meist zwei Arten von Sportlern vorbehalten: drahtigen mit sehr wenig Körperfett und wirklich starken mit sehr viel Muskulatur. Nicht ohne Grund reichen 5 saubere Klimmzüge, um (als Mann) an der Deutschen Sporthochschule oder beim Kommando Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr aufgenommen zu werden.
Frauen tun sich mit Klimmzügen übrigens besonders schwer, denn sie haben von Natur aus einen höheren Körperfettanteil und damit relativ betrachtet auch mehr "totes" Gewicht, das sie hochziehen müssen. Und das ist gesichertes Praxiswissen: Nachdem über 50 % der Bewerberinnen bei den US-Marines keine 3 Klimmzüge schafften - damals das Minimum für Frauen und Männer - wurde der Test 2014 ausgesetzt. Frauen brauchten keine Klimmzüge mehr zu machen, sondern konnten sich auch mindestens 15 Sekunden lang mit dem Kinn über der Stange halten ("flexed hang"). Seit 2017 können beide Geschlechter zwischen Klimmzügen und Liegestützen wählen.
Klimmzüge sind so schwer, weil fast das gesamte Körpergewicht bewegt werden muss. Zwar ist dabei hauptsächlich der relativ starke Latissimus im Einsatz (s. nächster Abschnitt). Doch wer die Übung korrekt macht - aus dem Hang mindestens das Kinn über die Stange ziehen -, braucht eben auch jede Menge anderer Muskeln, die oft weniger gut trainiert sind. Klimmzüge sind also ein gnadenloser Indikator für die Gesamtform des Oberkörpers.
Welche Muskeln sind es genau, die bei einem Klimmzug zusammenwirken und damit durch Klimmzüge weiter trainiert werden?
Breiter Rückenmuskel (Musculus latissimus dorsi)
Bei einem Klimmzug zieht der Latissimus die Oberarme nach unten und – bei perfekter Ausführung – auch etwas nach hinten.
Grosser Brustmuskel (M. pectoralis major)
Klimmzüge trainieren die Brust? Ganz richtig: Der Grosse Brustmuskel setzt am Oberarmknochen an und wird gedehnt, wenn man an der Stange hängt. Ergo hilft seine Kontraktion dabei mit, den Oberarm nach unten und dich nach oben zu ziehen - vor allem bei Klimmzügen im Untergriff (s. u.).
Nackenmuskulatur (M. trapezius u. Mm. rhomboidei)
Die Muskeln im unteren Nackenbereich ziehen die Schulterblätter zurück. Gerade hier liegt eine häufige Schwachstelle.
Rotatorenmanschette
Latissimus und Grosser Brustmuskel rotieren den Oberarm nach innen, doch beim Klimmzug ist dieser nach aussen rotiert. Das heisst, auch die Muskeln der Rotatorenmanschette werden gefordert, denn sie müssen dagegen halten.
Armbeuger (M. biceps brachii, M. brachialis u. M. brachioradialis)
Bei einem Klimmzug werden die Oberarme nach unten gezogen, während das Ellenbogengelenk gebeugt wird. Für Letzteres sorgen die Armbeuger Bizeps, Brachialis (Armbeuger) und Brachioradialis (Oberarmspeichenmuskel). Beim Klimmzug im Untergriff („Chin Ups“, s. u.) sind Bizeps und Armbeuger am stärksten beteiligt. Beim Klimmzug im Hammer- und im Obergriff kommt dem Brachioradialis eine Schlüsselrolle zu. An dessen mangelnder Kraft scheitert es hier oft.
Unterarmmuskulatur
Ohne eine gute Griffkraft kommt man beim Klimmzug nicht weit. Gerade wenn es in etwas höhere Wiederholungsbereiche geht, kann zu wenig Kraft in den Händen zur entscheidenden Hürde werden. Auf der anderen Seite: Regelmässige Klimmzüge eignen sich hervorragend, um die Griffkraft zu verbessern.
Bauchmuskulatur
Der Latissimus setzt unter anderem am Beckenkamm und am Kreuzbein an. Das heisst: Wird er kontrahiert, zieht er das Becken nach hinten. Wer Klimmzüge mit gebeugter Hüfte und Beinen vor dem Körper macht, wirkt mit den Bauchmuskeln dem Zug des Beckens nach hinten entgegen, was die Abs isometrisch kräftigt. Man muss allerdings dazu sagen, dass dieses Bauchmuskeltraining nur dann effektiv ist, wenn die Sätze lang sind.
Wie im nächsten Abschnitt genauer ausgeführt, gibt es verschiedene Varianten des Klimmzugs. Die Ausführung ist aber bei allen gleich, darum hier schonmal die generelle Anleitung:
- Hänge dich mit komplett gestreckten Armen und ausgehangenen Schultern an die Stange.
- Die Griffweite hängt von der jeweiligen Variante ab (siehe unten).
- Atme tief ein und ziehe erst die Schulterblätter zusammen und nach unten - und dann die Ellenbogen nach unten und nach hinten.
- Ziehe dich so weit nach oben wie möglich (Mindesthöhe: Kinn über der Stange).
- Halte dich kurz oben und lass dich kontrolliert wieder runter bis in den kompletten Hang.
Obergriff (Pull Ups)
Beim Obergriff, der auch „Ristgriff“ genannt wird, zeigen die Handflächen vom Körper weg. Die Unterarme sind dementsprechend nach innen gedreht (proniert). Im Englischen bezeichnet man Klimmzüge mit diesem Griff als „pull ups“.
Griffweite
Die Griffweite ist weiter als schulterbreit. Manchmal hört man, dass der Trainingsreiz für den Latissimus mit der Breite des Griffes immer weiter zunimmt. Das ist aber nicht richtig, denn ein sehr breiter Griff schränkt den Bewegungsumfang stark ein, wodurch sich der Trainingseffekt verringert. Ausserdem wird der Hebelarm irgendwann so lang, dass keine nennenswerten Wiederholungszahlen und/oder keine saubere Form mehr möglich sind.
Schwierigkeit
Klimmzüge im Obergriff gelten als die schwierigsten, denn die Einwärtsdrehung der Unterarme dehnt den Bizeps. Dadurch kann er nicht optimal mitarbeiten. Und der Muskel, der ihm neben dem Lat die meiste Arbeit abnehmen könnte, ist bei vielen Menschen nicht kräftig genug dafür: der Oberarmspeichenmuskel.
Untergriff (Chin Ups)
Beim Unter- oder „Kammgriff“ werden die Unterarme nach aussen gedreht (supiniert), die Handflächen zeigen also zum Körper. Diese Klimmzug-Variante hat im Englischen den Namen „chin ups“.
Griffweite
Die Griffweite ist schulterbreit – plusminus etwa eine Handbreit: Viel weiter nach aussen zu rücken, wird von den Handgelenken verhindert. Und wer viel enger greift, stresst die Schultern sehr. Ausserdem schränkt ein sehr enger Griff die Bewegung der Arme nach hinten ein – was den Trainingsreiz für Rücken und Nacken schmälert.
Schwierigkeit
Klimmzüge im Untergriff sind tendenziell die einfachste Variante. Allerdings sind sie nicht zu unterschätzen: Wer sie aus dem kompletten Hang ausführt und darauf achtet, am Ende die Ellenbogen hinter den Körper zu ziehen, wird sehen, dass sie entgegen des Klischees keineswegs eher eine Bizeps- als eine Rückenübung sind.
Bizeps
Trotzdem: Bizeps und Armbeuger ziehen beim Klimmzug im Untergriff kräftig mit und werden super trainiert. Und gerade weil auch der Lat bei dieser Variante an Bord bleibt, ist der Chin Up die etwas komplettere Übung als der Pull Up.
Hammergriff
Beim Hammergriff zeigen die Daumen zu dir und die Handflächen zueinander.
Griffweite
Die Griffweite wird hier meist von den Trainingsanlagen vorgegeben, denn die Griffe oder Stangen müssen einen Hammergriff überhaupt erstmal zulassen. Meistens kann man zwischen etwas enger und etwas weiter als Schulterbreite wählen.
Schwierigkeit
Die Schwierigkeit dieser Variante liegt zwischen Ober- und Untergriffklimmzügen.
Was tun, wenn du keine Klimmzüge schaffst und das ändern willst? Dann musst du Klimmzüge lernen. Das kannst du grob gesprochen auf zwei Arten machen:
- indem du mit anderen Übungen die Muskeln kräftigst, die du bei Klimmzügen brauchst.
- indem du erstmal vereinfachte Klimmzüge machst.
Natürlich kannst du beide Wege auch kombinieren. Tatsächlich empfiehlt sich das sogar, da du so am verlässlichsten sicherstellst, dass du alle Muskeln und Bewegungsmuster gleichermassen miteinbeziehst. Aber denke daran: Viel hilft nicht viel, und alles dauert seine Zeit.
Latziehen
Bei dieser Übung am Kabelzug ziehst du sitzend und mit fixierten Beinen eine Stange zur Brust. Damit machst du fast genau die Bewegung eines Klimmzuges. Da es in jedem Fitnessstudio verschiedene Stangen gibt, kannst du alle Klimmzuggriffe trainieren. Wenn die Platten, die du hochziehst, ungefähr so viel wiegen wie du, solltest du reif für Klimmzüge sein.
Rudern
Auch jede Ruder-Variante bereitet super auf Klimmzüge vor: Ob Langhantelrudern, einarmiges Rudern, Rudermaschine, Rudern am Kabelzug, T-Bar-Rudern, Ring-Rows, Türziehen oder umgekehrtes Bankdrücken – überall wird nicht nur der Latissimus gekräftigt, sondern auch der Trapezmuskel, die Rhomboiden und der Bizeps - sowie die Griffkraft verbessert.
Reverse Flys
Wenn du dich exklusiv auf die Kraft zwischen den Schulterblättern konzentrieren willst, weil du es nicht schaffst, diese während des Klimmzuges hinten zu halten, mache eine Reverse-Fly-Variante: Bei diesen Übungen werden die weit abgespreizten Oberarme mittels der „Traps“ und Rhomboiden so weit es geht gegen einen Widerstand oder die Schwerkraft nach hinten gezogen.
Aktives Hängen
Häng dich an die Stange, wie vor einem Klimmzug. Ziehe nun aber nur die Schulterblätter nach unten, halte dich kurz in dieser Position und lasse dich dann langsam wieder in den kompletten Hang sinken. Mit dieser Übung gehst du gleich zwei Probleme mit einem Klimmzug an: Du trainierst das Zurückziehen der Schultern und deine Griffkraft.
Kreuzheben/Schulterdrücken
Auch die beiden Grundübungen Kreuzheben und Schulterdrücken sind eine gute Vorbereitung für den Klimmzug: Kreuzheben fordert den Latissimus im moderaten Mass und die Nackenmuskeln stark. Letztere werden auch beim Schulterdrücken effektiv trainiert. Natürlich stärkt Kreuzheben auch die Griffkraft massiv.
Zupacken
Ist die Griffkraft das Hauptproblem kannst du dich entweder wie beschrieben einfach an die Stange hängen und die Hängezeit immer weiter steigern. Oder du greifst dir eine Hantel mit einem nennenswerten Gewicht und hältst diese mit ausgestreckten Armen fest, solange es geht. Oder du kaufst dir ein Gerät fürs Griffkrafttraining.
Bizeps-Curls
Natürlich kann es auch an der Kraft in den Oberarmen mangeln. Neben Latziehen und Rudern helfen Curls mit, diese Schwäche zu beseitigen. Wer auf Klimmzüge im Hammer- oder Obergriff hinarbeitet, macht am besten Hammer-Curls oder Curls, bei denen der Unterarm während der Aufwärtsbewegung nach aussen gedreht wird.
Stehende Klimmzüge
Richte deine Klimmzugstange zu Hause so ein, dass du stehend in derselben Position bist wie am Ende eines Klimmzuges (auf Spielplätzen gibt es oft niedrige Turnstangen, die man wunderbar benutzen kann). Beuge nun die Knie und lasse dich nach unten sinken. Versuche dabei, so viel Gewicht wie möglich mit deinen Armen und deinem Rücken abzufangen und so wenig wie möglich mit deinen Beinen. Dasselbe gilt beim Hochziehen: Arbeite so viel es geht aus Armen und Rücken heraus.
Eingesprungene Klimmzüge
Anstatt dich aus dem Hang hochzuziehen, springst du anfangs nach oben und nutzt dann den Schwung, um dich den Rest des Weges hochzuziehen. Oben hältst du dich ein paar Sekunden. Lass dich dann zwar kontrolliert, aber nicht allzu langsam wieder heruntersinken, denn negative Bewegungen ermüden die Muskeln sehr und führen zu sehr starkem Muskelkater – nicht das was du brauchen kannst, wenn du mehr Kraft aufbauen willst.
Klimmzüge mit Band
Die wohl sinnvollste Möglichkeit, Klimmzüge zu lernen, ist die Verwendung eines Gummibandes, das an der Klimmzugstange befestigt wird. Dieses ziehst du nach unten, wo du mit den Füssen „reinsteigst“. Durch die Spannung zieht es dich anschliessend nach oben. Es gibt so starke Bänder, dass auch Anfänger Klimmzüge machen können. Mit fortschreitendem Klimmzug Training kannst du dann immer schwächere Bänder nutzen. In Fitnessstudios gibt es oft auch Maschinen, die nach demselben Prinzip funktionieren.